NEU Roland Ostertag u.a., Stuttgart ohne Geschichte. Stadtplanung im kritischen Rückblick

Roland Ostertag u.a.
Stuttgart ohne Geschichte
Stadtplanung im kritischen Rückblick           VERGRIFFEN
Mit Beiträgen von
Max Bächer, Helmut Böhme, Hermann Hesse, Roland Ostertag,
Frei Otto, Paul Sauer und Klaus Töpfer
Stuttgart: Peter-Grohmann-Verlag 2018
ISBN 978-3-944137-81-0
EUR 16.80

Klappentext: „Die Summe der hier vorgestellten und kommentierten Aufsätze zur historischen Dimension der Stadtplanung von Hermann Glaser, Helmut Böhme und Klaus Töpfer u.a. machen die Versäumnisse in unserer Stadt erkennbar. Auf der Grundlage ihrer Beiträge wird hier ein kurzgefasstes Kompendium moderner Stadtplanung vorgelegt. Stuttgart benötigt endlich ein geistig-gedankliches Konzept, ein grundlegend neues Stadtentwicklungskonzept, eine Vision, an der sich die Entscheidungen der Tagespolitik orientieren sollten. Das diffuse Stuttgart, das seine Geschichte vergessen hat, muss wieder Stutt-GART werden. Gartenstadt zwischen sonnenbeschienenen Bergen, überraschende Aus-, Drauf-, Einblicke anbietend, erlaubend. Eine Stadt eigener Art, voller Überraschungen.“

EInführung von Roland Ostertag – S. 7 f.

„Der Mensch ist ein städtisches Wesen,“ sagt Aristoteles.

„Die kostbarste kollektive Erfindung ist die Stadt, einzig der Sprache selbst steht sie nach in  ihrer Fähigkeit, Kultur auszubreiten“, so Lewis Mumford. Die Baukunst – die Stadt, ihre Räume,  ihre Gebäude, ihre Sprache – ist die öffentlichste aller Künste. „Man kommt ihr nicht aus“, sagt Adolf Loos in seiner Sprache. Man sollte meinen, dass die dafür Verantwortlichen, die Politiker, die Planer, die Architekten sich ständig darüber unterhalten, in der Öffentlichkeit darüber diskutieren, sich mitteilen, darüber nachdenken, vorausdenken.

Doch wir stellen fest, dass sich fast alle Beteiligten der Mitteilsamkeit und Öffentlichkeit verweigern, ein Schweigen, das zum Verschweigen wird. Diese Sprachlosigkeit ist Ausdruck der Gedankenlosigkeit, Hauptgrund, dass das, was 2000 Jahre anhielt, von Babylon bis in die Gegenwart, Abschied nimmt: Das Städtische, die Stadt, Stadtkultur, die architektonische Qualität. Beweis, dass man doch wohl ohne sie auskommt.

Auch im Besonderen in Stuttgart. Vergebens sucht man in Bibliotheken, in Archiven qualifizierte Äußerungen der Verantwortlichen dieser Stadt zum Thema der Stadt im Allgemeinen, zur Stadt Stuttgart im Besonderen. Außer Gruß- und Vorworten, Worten zum Samstagabend, Klageliedern, dürren, eindimensionalen Texten, nichts gewesen. Weder die Oberbürgermeister, noch die Baubürgermeister dieser Stadt haben in den vergangenen Jahrzehnten wesentliche Gedanken zur Stadt, zu unserer Stadt beigesteuert. Allenfalls Texte zum eingeschränkten Wie, das Was, das Wozu, das Warum kommt nicht vor. Kein Wunder, dass damit ein verhängnisvoller Kreis geschaffen wurde: Kein Denken, kein Gespräch, keine sprachfähigen verantwortlichen Bauherren, keine sprachfähigen Architekten, keine Sprach-, Planungs- und Baukultur.

Stuttgart 21, das seit 1994/95 vor unseren Augen abläuft, ein Paradebeispiel für diese Unkultur, wird von den Verantwortlichen als Theaterstück „Geschlossene Gesellschaft“ inszeniert. Häppchenweise wird die Öffentlichkeit nachträglich informiert. Kein Wunder, dass sich dagegen zunehmend Kritik und Unwillen äußert.

Seit Jahren versuchte das Architekturforum durch Veranstaltungen, Vorträge, Ausstellungen, Diskussionen diesen Defiziten zu begegnen. Wesentliche Äußerungen auf dieser Plattform sind in Büchern des Architekturforums und in diesem Buch zusammengefasst. Erster Schritt, dem – so hoffen wir – weitere Schritte folgen werden.

Unser Anliegen dient der Hoffnung, dem Schweigen, dem abwesenden Denken, der Sprach- und Qualitätslosigkeit, dem Verlöschen des Städtischen, der Stadt, in unserer Stadt Einhalt zu gebieten. Die Verantwortlichen, die Politiker aufzufordern, geistige und soziale Vorstellungen von unserer Stadt zu entwickeln; die Planer, die Architekten aufzufordern, sich an den Gesprächen zu beteiligen; Planungs- und Baukultur zu fordern und zu praktizieren. Die Menschen aufzufordern, teilzunehmen an der Stadt, in der sie leben. Die Hoffnung gilt der Imagination von Städten, der der Stadt Stuttgart, dass aus einem, aus unserem neuen Lebensgefühl, aus dem Verlangen nach einem emotionalen Stadterlebnis neue städtische Träume und neue städtische Räume entstehen.

Unser, mein Dank, dass dieses existenzielle und essentielle Anliegen soweit gedeihen konnte, durch Veranstaltungen, durch dieses und andere Bücher, gilt im Besonderen der Landeskreditbank Baden-Württemberg, der L-Bank. Sie hat uns einen Ort zur Verfügung gestellt, an dem dies geschehen konnte und der wesentlich zum Erscheinen dieses Buches und anderer Veröffentlichungen beitrug. Dank den Menschen, den Kollegen, den Institutionen, die uns finanziell unterstützen.

Mein besonderer Dank gilt den Autoren der in diesem Band zitierten Aufsätze, sowie Heiner Wittmann, der mich seit Jahren unterstützt und an der Redaktion für dieses Buch mitgewirkt hat. Thomas Fütterer hat mit seiner so bewährten Unterstützung die Herstellung dieses Bandes besorgt.
Roland Ostertag

Inhaltsverzeichnis

Inhalt
Einführung 7
1 Die historischen Grundlagen der Stadt
Stuttgart
1.1 Hermann Glaser und die Entstehung der Städte. Geometrie und Funktionen 13
1.2 Helmut Böhme: Stadtentwicklung der Stadt Stuttgart 23
1.3 Paul Sauer: Der Aufstieg Stuttgarts 31
1.4 Otto Borst beschreibt Stuttgart als Stadtpersönlichkeit 37
1.5 Klaus Töpfer: Auf der Suche nach der menschlichen Stadt 41
1.6 Frei Otto: Ethik, Ästhetik, Innovation 51
1.7 Hermann Hesse: Die Stadt 59
2 Die Schätze der Stadt Stuttgart werden
verkannt
2.1 Ankünfte in Stuttgart 67
2.2 Ist der Zug schon abgefahren? Stuttgart: Über historische und
psychologische Scheuklappen 75
2.3 Zauberworte, Fetische: Das Unterirdische, die Geschwindigkeit 85
2.4 Stuttgart – Landschaft – Ankünfte und Abschiede 91
2.5 Vom Schwinden des Ortes 103
2.6 Vom Umgang mit Denkmälern. Du kommst auch noch dran. 111
2.7 Ausblick Moloch Stadt 119
2.8 Max Bächer: Da liegst du nun… 123
2.9 Stuttgart – ohne Visionen, ohne Ideen, ohne Utopien 137
2.10 Peter Grohmann, 80 Jahre 141
2.11 Die Residenz Stuttgart 145
2.12 Vom Werden einer Gedenkstätte 149
2.13 Wissen bringt Qualität 155
2.14 Die Stadt als Lesebuch 161
2.15 Die Stadt 169
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5
3 Visionen für eine Stadtplanung
3.1 Helmut Böhme: „Leere Himmel“ – oder „Die Erneuerung der europäischen Stadt“.
Ein stadtbaulicher und stadtgeschichtlicher Exkurs am Beispiel Stuttgart 177
3.2 Wasser ist Leben. Stuttgart hat kein Leben ohne Wasser 197
3.3 Stuttgart eine Messe wert? 203
3.4 Park und Villa Berg 219
3.5 Bäume sind Lebewesen 227
3.6 Das neue Karstadt, die Zukunft der Königstraße? Oder: Die Architektur,
die Architekten als Seismograph 231
3.7 Neckarraum, Garten, Paradies. Vorschlag für die IBA 2022.
Von der Industrienatur zu einer Internationalen Bauausstellung IBA 235
3.8 Schtuggart sott halt am Neckr liega, Schwabenfluss. Vorschlag 241
3.9 Der Neckarkanal. Bundeswasserstraße, Lebensraum oder Heimatfluss.
Ein lebendiger Fluss für eine lebendige Stadt 245
3.10 Der Stadtboden gehört Allen. Gedanken zur städtebaulichen Entwicklung
der Stadt 265
3.11 Stuttgart – Quo vadis ? 287
Zusammenfassung 301

 


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